Habt ihr den Titel gelesen? Eigentlich eine ganz normale Frage. Andererseits: Nicht. Jedenfalls traute sich eine Leserin (nennen wir sie Beate – sie heisst eigentlich ganz anders) nicht, mich das öffentlich zu fragen. “Dann bricht doch gleich wieder ein Shitstorm los…” Denke ich auch – daher unterhielten wir uns privat weiter zu dem Thema.
Pferdefleisch – darf man das essen, sollte man es?
Das ist eine Frage, die jeder für sich entscheiden muss. Und hoffentlich gute Gründe dafür oder dagegen hat – die aber auch durchaus für sich behalten kann und nicht andere missionieren muss. Wir sind alle Erwachsene hier und der eine findet Pferdefleisch unmöglich, der oder die nächste (so wie ich) Schweinefleisch aus industriellen Mastbetrieben oder Hähnchenflügel für 1,99 EUR das Kilo. Vietnamesen essen frittierte Insekten und schütteln sich beim Gedanken, dass Europäer verschimmelte Milch (bekannt auch als Gorgonzola-Käse) genießen. Manche lieben Innereien, andere bekommen das nicht runter. Und in 40 Jahren erzählen sich unser Enkel möglicherweise entsetzt, dass es da mal Zeiten geben habe, wo die Leute JEDEN TAG Tier gegessen haben und dass Milch mal von der Kuh kam. Soll heißen: Alles ist relativ und beeinflusst von unserer Sozialisation.
Wie ist denn jetzt die Garzeit von Pferd im Slowcoker?
Weil ich Beate bei ihrer Frage und ihrem Premieren-Kochversuch mit Pferdefleisch nicht helfen konnte (ich habe noch nie wissentlich Pferdefleisch gegessen), hat sie selbst Versuche gestartet. Sie hat Pferdefleisch beim Biometzger gekauft und damit Rouladengeschnetzeltes und Sauerbraten zubereitet. Sie findet den Geschmack intensiver als bei Rind und kann sich damit “dann doch nicht wirklich anfreunden. Ist vielleicht auch ne Kopfsache!” Struktur und Garzeiten seien aber sehr ähnlich – 4 Stunden HIGH fürs Geschnetzelte und 8 Stunden LOW für den Sauerbraten hätten gut gepasst.
20 Kommentare
Claudia
29. April 2023 at 7:02Liebe Gabi,
Pferde”fleisch” habe ich noch nie gegessen. Als ich noch Kind war, haben wir zu Ostern immer gemeinsam mit vielen Nachbarn ein großes Osterfeuer gemacht. Immer dabei: Pferdewurst. Die fand ich sehr lecker. Da Pferdetransporte für Schlachttiere genauso gruselig sind wie jene für andere Tiere – nur noch weniger überwacht, weil seltener, esse ich heute auch keine Pferdewurst mehr. Ich kenne keine “ethisch sichere” Quelle dafür und vermisse diese Wurst auch nicht.
Wir haben – mit den Nachbarn – damals auch jährlich pro Haushalt ein Ferkel großgezogen, geschlachtet und aufgegessen. Die Schweine hatten für ein Jahr ein richtig gutes Leben mit Auslauf und viel Spielspaß. Und ein plötzliches, sehr stressfreies Ende (wir lockten die Schweine einzeln in jene Garage, in der der Schlachter wartete). Ethische Bedenken habe ich hier auch in der Rückschau nicht: Ohne die Verzehrperspektive hätten die Ferkel das schöne Jahr nie erlebt.
Heute kann ich kein Schweinefleisch kaufen: Selbst vom Biometzger schmeckt mir das nicht ansatzweise so gut wie jenes damals…. (Bacon, Wurst und Kassler gehen manchmal…) Wild mag ich leider gar nicht.
Insofern beschränke ich mich auf Rind und Lamm und Huhn (Label rouge). “Mein” Metzger hat inzwischen völlig unpraktische Öffnungszeiten, so dass ich nur noch ein oder zwei Mal pro Woche Fleisch zubereite und ansonsten auf Hülsenfrüchte o.ä. zurückgreife.
Gabi Frankemölle
1. Mai 2023 at 20:52Kommt mir bekannt vor, was du da schreibst – Tiere, die ein Leben hatten, mag ich essen – aber das ist eher selten der Fall.
southpark
29. April 2023 at 13:37In Polen scheint mir Pferdefleisch verbreiteter als in Deutschland, und in Berlin/Brandenburg gerät man immer mal wieder an polnische Fleischerverkaufswagen , die es im Programm haben. Meine Erinnerung an die Wurst sind sehr gut (Geht Richtung aromatischeres Rindfleisch), echtes Fleisch hatte ich aber auch noch nicht.
Ulrike
29. April 2023 at 14:47In Lübeck gibt es einen Rossschlachter, S1 wohnt da um die Ecke.Und das ist wirklich eine Kopfsache. Ich erinnere da an das Pferdefleisch in der Lasagne.
Gabi Frankemölle
1. Mai 2023 at 20:51Oder in den niederländischen Frikandeln!
Susanne
30. April 2023 at 5:50Am Viktualienmarkt gibt es einen Pferdemetzger, ich habe da aber noch nichts gekauft. Und ja, es ist Kopfsache – in Peru futtert man Meerschweinchen, was hierzulande sicher auch verpönt wäre – die Frage ist, warum eigentlich? Sinnvoller ist es wohl eher, sich insgesamt Gedanken um den Fleischkonsum zu machen.
Gabi Frankemölle
1. Mai 2023 at 20:50Da hast du sehr recht!
Kirsten Laumann
30. April 2023 at 8:15Bin Pferdefleischliebhaber, und bei meinen Metzger des Vertrauens weiß ich woher die Pferde kommen. Auch verwende ich das Fleisch, wie bei allen Tieren von Nose to Tail. nichts wird verschwendet. Daher gibt es Sauerbaten bis zur Pferdesuppe alles. Übrigens in unserer Region ist ein Metzger in RE zu finden.
Gabi Frankemölle
1. Mai 2023 at 20:50Das wusste ich nciht, danke!
Noé
30. April 2023 at 8:16Ich habe erst einmal Pferdefleisch gegessen, es stand damals in unserer Prüfungsvorbereitung als Pflicht (gelernte Haushälterin). Es schmeckte wie Rind in Kombination mit Reh.
Hier in der Region (Schwäbische Alb) wüsste ich nicht mal, wo man Pferdefleisch noch kaufen könnte!
In der Schweiz muss Pferdefleisch in einer speziellen Metzgerei verkauft werden, in Bern gibt es da bis heute eine.
Ich finde es überhaupt nicht verwerflich, wenn jemand Pferd isst, solange es schon tot ist 🤭 andere essen Strauß oder Schwein oder veggie. Das darf doch jede/r für sich entscheiden. 🙂
Gabi Frankemölle
1. Mai 2023 at 20:50Seh ich auch so 😉
Volker Margenfeld
30. April 2023 at 8:31Ich habe Pferdefleisch schon zubereitet, so für Sauerbraten. Mir hat es geschmeckt, leider hat die Pferdemetzgerei in der Region ihren Betrieb eingestellt.
Gruß Volker
https://volkerkocht.blogspot.com/2017/04/sauerbraten-vom-pferd.html
Gabi Frankemölle
1. Mai 2023 at 20:49Genau – und im Supermarkt bekommt an es ja garantiert nicht.
Susanne
30. April 2023 at 8:45Pferdefleisch gehörte für mich immer dazu. Ich kenne das seit Kindertagen. Ob als Roulade, Braten, Sauerbraten. Neben Wild das sauberste Fleisch weil Tiere, die zur Schlachtung vorgesehen sind, keine ABs etc. bekommen – im Gegensatz zu Rind und Schwein. Das wird auch schriftlich festgelegt ob das Tier zum Metzger oder sonstwohin kommt.
Ich vermisse das schon, darf aber aus gesundheitlichen Gründen kein Fleisch mehr essen.
Karin
30. April 2023 at 14:53Also als ich noch früher im Kölner Raum gewohnt habe, gab es einige Pferdemetzger dort. Ich habe immer sehr gerne Fleischwurst, Sauerbraten und auch Pferdesteaks gegessen. Hier in der Pfalz gibt es noch einen Pferdemetzger im Nachbarort, die Bockwürstchen sind sehr lecker, auch der Pferdeschinken. In Belgien wird m.W. auch noch viel Pferdefleisch angeboten. Das Fleisch ist fettarm und gesund. Früher galt es wohl als Armeleute-Essen, deshalb ist der Verkauf wohl rückläufig !
Aber da insgesamt der Fleischkonsum zurückgeht, werden immer mehr Metzgereien geschlossen, auch hier bei uns, von 3 örtlichen Betrieben existiert nur noch einer. Jetzt kaufen alle das Fleisch im Supermarkt, ob das besser ist ???
Liebe Grüße Karin
Gabi Frankemölle
1. Mai 2023 at 20:49Irgendwie geht mit jedem Handwerksbetrieb ein Stück Tradition verloren…
Markus Erdelen
11. Mai 2023 at 11:11Pferdefleisch ist lecker, vom Grundgeschmack her würd ich sagen, ein Hauch süßlich. Von den Kochzeiten im slowcooker genau so wie Rindfleisch (eigene Erfahrung).
Und wie schon gesagt, es ist Kopfsache. Pferdefleisch ist in Deutschland verpönt, weil es in Abgrenzung zu den “Heiden” = Anders-(Falsch-)Gläubigen geächtet wurde. In Frankreich ist es normal.
Echter Sauerbraten wurde aus altem Pferd gemacht. Pferde zogen im Rheinland die Lastkähne den Rhein hinauf, auch deshalb die “Schäl Sick” (zB Beuel in Bonn), die “schlechte Seite”, weil die Pferde durch die Sonnenspiegelung über das Flusswasser einseitig blind wurden. War ein Tier zu alt zum Arbeiten, durfte es bei den armen und ärmsten Rheinländern (Köln zB war manchmal französisch) nicht verkommen, sondern wurde gegessen. Um es genießbar zu bekommen (mürbe), wurde es eingelegt zum Sauerbraten.
In Hanau (und Frankfurt) auf dem Wochenmarkt gab es mal einen Pferdemetzger mit hervorragendem (Pferde-)Fleisch, der leider verstorben ist. Der dann kam, war eklig. Nicht das Fleisch, der Verkäufer (fetter Zigarrestumpen im Mund auch bei der Bedienung oder der Handhabung mit Fleisch, unsympathisch, unsauber – igitt) ! Also hab ich dort nicht mehr gekauft und aktuell esse ich kaum noch Fleisch bzw. wenn Geflügel. Aber vermutlich sind Wochenmärkte eine gute Anlaufstelle.
Persönliches Erlebnis (sic!): ein mir bekannter Landwirt hat ein Pferd geschlachtet (Hofschlachtung), da es für seine Zucht untauglich war, weil Sommerekzem, eine vererbliche Hautkrankheit, durch die das Pferd im Sommer extremst leidet (Juckreiz! entweder es kratzt sich überall blutig, oder es kann sich nicht kratzen und wird deshalb fast wahnsinnig). Einige Monate später habe ich für diesen Landwirt auf Haus und Hof aufgepasst, weil er verreiste. In der Zeit fand ich ein Pferd (der Liebling seiner Helferinnen) seiner Herde vermutlich (zufällig?) erschossen auf der Weide, noch körperwarm. Mit Freunden haben wir es zum Hof und dann in die Kühltruhe “gebracht” … Der Mann wars zufrieden. Im Sommer gab er ein Grillfest, neben Rind, Geflügel, Schwein eben auch Pferd. Eine Helferin (ich saß neben ihr) probierte wissentlich Pferd, fragte beim Essen, das sei doch *Sommerekzempferdchen*? Er: nein, das war dein Liebling (direkt und ehrlich). Das Mädchen (15) wurde blass, schluckte, sagte: schmeckt aber trotzdem gut, gib mir noch was. (!!!)
Vom Hörensagen: die Partnerin eben dieses Landwirts und ihr Vater, der meinte, er würde Pferd schmecken, Blindverkostung: bestes Rindfleisch aus der Gegend, konventionelles Rindfleisch, Pferdefleisch aus eigener Zucht. Der Vater konnte es nicht unterscheiden … wohl besser oder weniger, aber nicht, was ist was.
Gabi Frankemölle
13. Mai 2023 at 10:02Ja, es läuft wohl tatsächlich auf Kopfsache raus. Bei mir ist das Kriterium: Hatte das Tier ein halbwegs artgerechtes Leben – eine Frage die sich unsere Vorfahrene mangels Armut (wie du treffend sagst) nicht stellen konnten… Luxusprobleme!
Katharina
13. Juli 2023 at 9:13Ich persönlich esse kein Pferd – habe es als Kind mal probiert und fand es auch nicht besonders lecker – weil ich halt keine “Haustiere” esse… Wobei ich schon gewitzelt habe, bei einer Hungersnot hätte ich dank Pferd eine Fleischreserve. 😉
An sich finde ich das aber nicht schlimm. Es gibt Pferderassen, die wären ohne Fleischkonsum schon verschwunden… Gerade bei einigen französischen Kaltblutrassen. Außerdem entscheidet der Pferdezüchter meistens erst nach einiger Zeit, ob ein Pferd gegessen oder als Reit-/Kutsch-/Zuchtpferd genutzt wird. Entsprechend gut sind die Haltungsbedingungen für alle Fohlen.
Sauerbraten mag ich egal aus welchem Fleisch überhaupt nicht.
Gabi Frankemölle
13. Juli 2023 at 9:32Das mit dem Sauerbraten gilt für mich auch – und danke für deine sachliche Stellungnahme, ist bei dem Thema nciht selbstverständlich 🙂